New Work ist in aller Munde. Unternehmen gestalten ihre Räumlichkeiten um, richten flexible Büros ein, und ermöglichen den Mitarbeitenden zu arbeiten, wann und wo sie möchten. Auffällig ist, dass die Fabrik als zentraler Unternehmensbereich oft überhaupt nicht inkludiert ist in diese Entwicklung. Wie Sie das ändern können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Mit Dr. Tobias Heinen in die Fabrik der Zukunft

Experte für moderne Fabrikplanung: Dr. Tobias Heinen von der GREAN GmbH

Wie kann ich als Industrieunternehmen eine Fabrik so planen und gestalten, dass ich in einem Hochlohnland wie Deutschland effizient produziere? Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Tobias Heinen nun seit Beginn seiner beruflichen und akademischen Karriere. Als Geschäftsführer der GREAN GmbH setzt er sich tagtäglich mit den Herausforderungen der Fabrikplanung auseinander. Dabei liegt ihm speziell der Wirtschaftsstandort Deutschland am Herzen: „Produktion ist hier in Deutschland ein Rückgrat des Wohlstands!“ Wir haben Tobias bei uns in Steinfeld zum LMZ Industry Talk getroffen:

New Work in der Industrie – wo stehen wir aktuell?

Dr. Tobias Heinen: „Wenn man durch Verwaltungsgebäude geht, dann sieht man zunehmend ganz neue Arbeitswelten. Menschen haben die Möglichkeit, Arbeitszeiten und auch Arbeitsorte – teilweise sogar die Arbeitsinhalte – frei zu wählen. Eigenverantwortlichkeit und Sinn in der Arbeit sind große Themen in diesem Zusammenhang, und alle nennen das ‚New Work‘.

Jetzt stelle ich fest: Wenn ich in die Produktion gehe, gilt absolut nichts mehr davon. Da ist eigentlich bis heute alles festgeschrieben und geregelt. Und das kann so nicht funktionieren. Deshalb sollte man den New-Work-Gedanken nehmen, und ihn auch auf die Produktionsbereiche übertragen. Ich nenne das dann ‚New Production‘.“

Wenn ich in die Produktion gehe, sehe ich rein gar nichts mehr von „New Work“. Das ist ein Problem!

Dr. Tobias Heinen

Der Weg zur New Production: Was würdest du verändern?

Dr. Tobias Heinen: „Ganz konkret: Warum dürfen Mitarbeiter in der Produktion nicht auch Teile ihrer Arbeit selbstständig bestimmen? Angenommen, als Werksleiter möchte ich ein bestimmtes Set an Aufträgen abgearbeitet haben. Jetzt muss ich ja nicht zwangsläufig die konkrete Auftragsreihenfolge festlegen. Außerdem könnten die Mitarbeitenden auch selbstständig festlegen, ob sie in der Frühschicht oder Spätschicht kommen.

Solche operativen Entscheidungen kann man meines Erachtens sehr gut dezentralisieren. Sprich: Man kann mit überschaubarem Aufwand einige Prinzipien der New-Work-Thematik direkt auf die Fabrik übertragen. Das entlastet sogar das Management, denn dort entsteht weniger Planungsaufwand.

Das Ergebnis: Die Mitarbeitenden sind deutlich motivierter, weil sie selbst entscheiden können und dafür verantwortlich sind, was sie tun.

Selbstverständlich muss das Management auch in der New Production noch einen Rahmen geben, damit die Ziele einer Fabrik, wie pünktliche Lieferung oder niedrige Bestände erreicht werden. Innerhalb dieses Rahmens würde ich Entscheidungen allerdings möglichst direkt in die Fabrik verlagern.“

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Im Gespräch mit Dr. Tobias Heinen zur „Fabrik der Zukunft“. Neben Supply Chains erfahren Sie mehr zu Effizienzsteigerung und New Work in der Produktion..

Im internationalen Wettbewerb sind Produktionsziele fast nur noch über konsequente Effizienzsteigerung zu erreichen. Wie gelingt das in deutschen Fabriken? Auch über diese Frage haben wir mit Tobias im Rahmen des LMZ Industry Talk diskutiert. Im Video erhalten Sie Antworten, oder schauen Sie sich den Interview-Beitrag zum Thema „Effizienzsteigerung“  an.

Mit welchen konkreten Methoden kann New Work in der Produktion umgesetzt werden?

Dr. Tobias Heinen: „Eine klassische Methode ist das sog. Shopfloor Management. Der Grundgedanke dabei ist es, Entscheidungen konsequent zu dezentralisieren und zurück in die Fertigungshalle zu geben – dort, wo die Wertschöpfung entsteht. Beispielsweise werden Problemlösungsprozesse dann direkt vor Ort angestoßen und umgesetzt. Meine Erfahrung zeigt, dass diese Art der Arbeit den Leuten deutlich mehr Spaß macht, weil sie selbst bestimmen, wie ihre Arbeit aussieht. Gleichzeitig bieten dezentrale Problemlösungen einen sehr großen Vorteil für das Management. Auch hier haben wir wieder eine Win-Win-Situation.“

Der Einsatz von Shopfloor Management zur dezentralen Problemlösung in der Fabrik sorgt nach meiner Erfahrung für eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Dr. Tobias Heinen

Wie sollte eine Fabrik als Gebäude aufgebaut sein, um New Work zu transportieren?

Dr. Tobias Heinen: „Ein erfahrender Werksleiter hat mal zu mir gesagt: ‚Spaß an der Arbeit darf man heute auch sehen.‘ Das bringt die Sache – so finde ich – ziemlich gut rüber. In den „alten, klassischen“ Fabriken ist es laut, heiß, und meistens sehr unübersichtlich. Ich glaube die Zeiten sind endgültig vorbei. Heutzutage muss es nicht mehr dunkel und laut sein in der Fabrik, sondern es darf ein heller, sauberer und aufgeräumter Ort sein. Nicht zuletzt um auszudrücken, dass dies der Ort ist, wo Wertschöpfung entsteht. Die Fabrik ist der Spiegel des Managements. Wenn man das im Kopf behält und auch entsprechend umsetzt, dann wird sich auch das Empfinden der Menschen gegenüber der Fabrik als Arbeitsort verändern.“

Weiterführende Links:

🔗 Das gesamte Gespräch mit Fabrikplaner Dr. Tobias Heinen im YouTube-Video.

🔗 Whitepaper von Dr. Tobias Heinen: Zehn Thesen zur Fabrik der Zukunft.

🔗 „Factory21“ – Der Podcast für Führungskräfte in der Produktion, mit Dr. Tobias Heinen.

🔗 Weitere Gespräche mit Experten der Branche: Im LMZ Industry Talk.

Dennis Lenkering (B.Sc.)
Maschinenbauingenieur und Geschäftsführer von LMZ Lenkering mit einer tiefen Leidenschaft für digitalisierte, intelligente und automatisierte Produktionsketten.
Torben Fangmann (B.A.)
B2B Marketing Stratege mit Inhaltsfokus auf industrielle Themen und branchenspezifische Entwicklungen rund um die Fabrik der Zukunft.