Automatisierung als Allheilmittel? Das entspricht wohl eher einem Wunschtraum, als der Realität. Die Medaille hat immer zwei Seiten. Wir zeigen Ihnen die Vorteile und Nachteile von industrieller Automatisierung.

Die Utopie der Smart Factory

Es klingt fantastisch. Sie produzieren Ihre Produkte in Rekordzeit. Ihre Produktionskosten sind im Tiefflug – Ihre Ausbringungsmengen katapultieren in die Höhe. Ihr Kunde ist begeistert, bekommt seine Lieferungen immer termingerecht und in optimaler Qualität. Sein einziges Problem ist, dass er nicht noch größere Stückzahlen bei Ihnen abnehmen kann. Und was müssen Sie noch tun? Sie geben die Rohstoffe und Einzelteile in Ihre Fertigungshalle, lehnen sich zurück und schauen zu, wie das transportfähige Produkt hinten wieder rauskommt. Den Rest erledigen Ihre automatisierten, vernetzten Produktionssysteme.

Eine Bilderbuchgeschichte, oder: Industrie 4.0 durch die rosarote Brille. Doch erwachen wir aus unserem kleinen Tagtraum, sieht die Realität oft anders aus. Gleichzeitig handelt es sich bei dieser Beschreibung keinesfalls um ein frei erfundenes Märchen. Schauen wir genauer hin.

Automatisierung: Eine Medaille mit zwei Seiten

Wenn diese sogenannten „Cyber Physical Production Systems“ doch existieren, warum sind sie dann für den Großteil der Unternehmen nicht die Realität? Besonders im Mittelstand werden Produktionsprozesse zu großen Teilen noch „klassisch manuell“ durchgeführt.

Ein Konflikt zwischen Theorie und Praxis: In der Praxis werden sich Ihre Probleme nämlich nicht urplötzlich in Luft auflösen, nur weil Sie die Automatisierung Ihrer Produktion ausrufen. Vorteile und Nachteile, Pro und Contra von Automatisierung gehören gleichermaßen sorgfältig betrachtet. Wir möchten Ihnen einen Überblick geben.

Vorteile

  • Erhöhung der Produktivität
  • Sicherung von Qualitätsstandards
  • Transparenz in der Fertigung

Nachteile

  • Erhöhte Komplexität
  • Sinkende Flexibilität
  • Hohe Investitionskosten

Vorteile von Automatisierung

Erhöhung von Produktivität und Wirtschaftlichkeit: Automation erledigt wiederkehrende Bewegungsabläufe, nur schneller. Niedrige Taktzeiten und hohe Stückzahlen, das zeichnet automatisierte Prozesse aus. Zudem: eine Maschine schläft nicht und eine Maschine hat kein Wochenende. Auf automatisierten Anlagen können Sie problemlos 24 Stunden, 7 Tage die Woche fertigen, ohne Ihre Mitarbeiter dahingehend zu belasten. Erhöhte Produktivität führt zu erhöhter Wirtschaftlichkeit. Dies wiederum führt zu erhöhter Wettbewerbsfähigkeit.

Sicherung von Qualitätsstandards: Wir Menschen haben Unmengen an Qualitäten. Wir sind kreativ und empathisch. Wir spinnen geniale Ideen weit weg von jeglicher Logik. Und wenn es um Leben oder Tod geht, ziehe ich gesundes menschliches Urteilsvermögen dem kalten maschinellen Algorithmus vor. Ein und denselben Bewegungsablauf 8 Stunden am Tag zu verrichten, ohne die Konzentration zu verlieren – das gehört definitiv nicht zu unseren Talenten. Ob wir nun wollen oder nicht, die Fehlerquelle Mensch ist real und kostet Unternehmen teils beträchtliche Summen an Reklamationskosten. Hier haben Automatisierungen die Nase vorn. Doch Achtung: Auch hier ist ein Mensch am Werk, um die Maschine einzurichten. Sie wird die Qualität liefern, auf welche sie eingerichtet ist.

Transparenz in der Produktion: Kennzahlen bestimmen den modernen Betriebsalltag. Just-in-Time Belieferung – sowohl vom Lieferanten als auch zum Kunden – fordert exakte Daten aus der Produktionsplanung. Die Automatisierung liefert. In Echtzeit erhalten Sie Produktionszahlen, Ausschusszahlen und Co. Verbunden mit der Datenbasis mit Ihrem ERP-System werden Kennzahlen ermittelt, Schlüsse gezogen und Handlungen abgeleitet. In High-End-Systemen müssen Sie die abgeleiteten Handlungen nicht einmal mehr selbst ausführen. Die vernetzten Maschinen kümmern sich um sich selbst.

Nachteile von Automatisierung

Erhöhte Komplexität durch vernetzte Systeme: Sie können sich das Zusammenspiel aller Komponenten in Ihrem Produktionssystem vorstellen wie eine Vielzahl an Zahnrädern, die ineinandergreifen, um als Gesamtheit zu funktionieren. Was passiert, wenn zwei Zähne sich nicht vernünftig fügen? Oder wenn ein Zahn abbricht? Die Störung werden Sie schnell bemerken – spätestens, wenn Ihre Maschine stillsteht. Die Ursache hingegen ist oft weniger schnell gefunden, und noch weniger schnell beseitigt. Komplexe Produktionssysteme sind eine schöne Sache, solange sie reibungslos funktionieren. Je undurchsichtiger die Programmierung und Vernetzung Ihrer Maschinen jedoch ist, desto anspruchsvoller wird auch die Beseitigung von Störungen. Auf Wartungsfreiheit und hohe Anlagenverfügbarkeit ausgelegte Automationen sowie integrierte Fernwartungsmodule können hier Abhilfe schaffen.

Sinkende Flexibilität: Es ist das klassische Duell: Flexibilität und Variantenvielfalt vs. Produktivität und Stückzahl. Grundsätzlich lebt Automatisierung von einer möglichst hohen Ausbringungsmenge, da hier die größte Effizienz erreicht werden kann. Im Gegenzug geben Sie ein gewisses Maß an Flexibilität in Ihrer Fertigung auf. Das Problem: Immer mehr Kunden fordern eben diese Flexibilität. So schreitet der Trend zur Individualisierung von Produkten bis hin zur Losgröße 1 immer weiter voran. Eine Entwicklung, die auch die Akteure in der Automatisierungsbranche unruhig schlafen lässt. Gut für Sie, denn aus diesem Antrieb entspringen immer mehr Lösungen in den Bereichen Sensorik, produktübergreifende Robotik oder modulare Baukastensysteme. Schauen Sie sich in diesem Zuge gern unsere MP EcoLine an.

Hohe Investitionskosten: Der Grund, warum viele Mittelständler bisher noch kein Mitglied sind im Szeneclub „Industrie 4.0“, ist allen voran der hohe Eintrittspreis. Das Risiko der Fehlinvestition wird schlicht als zu hoch eingestuft. Budgets? In der Regel klein. Die Covid-19 Pandemie? Macht das Ganze nicht einfacher. Eine wirtschaftliche Herangehensweise an das Thema Automatisierung ist daher elementar für Sie. Eine Schritt-für-Schritt Anleitung finden Sie in unserem Blogbeitrag über folgenden Link: In 4 Schritten zur automatisierten Produktion.

Fazit: Individuelle Lösungen müssen her!

Fakt ist: Auf Dauer sollte ein durch Automatisierung optimierter Prozess Ihnen mehr Kosten sparen, als Sie anfänglich für Ihn investiert haben. Wann werden Sie den ersehnten ROI (Return on Investment) erreichen? Das lässt sich in der Regel erst nach umfassender Analyse sagen. Was wir Ihnen aber sagen können: Die Industrie erkennt die Herausforderungen, vor denen Sie stehen. Somit reicht die Spanne der Automationslösungen mittlerweile von „All-Inclusive“ bis „Sehr erschwinglich“. Optimal also, um auch mit kleinem Budget den Eintritt zu meistern.

Es ist, wie es ist. Wer die Rose liebt, der muss auch ihre Dornen in Kauf nehmen. Und genauso werden die Vorteile der Automatisierung auch immer im gewissen Rahmen Nachteile mit sich bringen. Versuchen Sie also, die Vorteile zu maximieren und die Nachteile zu minimieren. Wirklich gelingen wird Ihnen dies, wenn Sie Ihre Prozesse genau unter die Lupe nehmen, Potenziale erkennen und schlussendlich die individuell beste Lösung für sich herausarbeiten. Das mag zu Anfang eine Menge Aufwand und noch mehr Hirnschmalz bedeuten, doch am Ende werden Sie es sich danken.

Dennis Lenkering (B.Sc.)
Maschinenbauingenieur und Geschäftsführer von LMZ Lenkering mit einer tiefen Leidenschaft für digitalisierte, intelligente und automatisierte Produktionsketten.
Torben Fangmann (B.A.)
B2B Marketing Stratege mit Inhaltsfokus auf industrielle Themen und branchenspezifische Entwicklungen rund um die Fabrik der Zukunft.