Wir schreiben das Jahr 2023. Die Auswirkungen der Energiekrise auf die kunststoffverarbeitende Industrie werden täglich spürbarer. Wie können Produktionsverantwortliche mit der Situation umgehen? Wir gehen der Frage auf den Grund.

Die Energiekrise fordert ihren Tribut

„Die Folgen des Kriegs in der Ukraine haben die Stimmung von Unternehmen aus der Kunststoffindustrie auf einen Tiefpunkt abstürzen lassen.“ – so titelte Mark Fehr im Spätsommer 2022 in der Frankfurter Allgemeinen in Bezug auf Krieg, Inflation und Lieferketten. Seitdem häufen sich die Meldungen zur bedrohlichen Situation der Branche.

Die Konjunkturumfrage der „Kunststoff Information“ spricht von der schwersten Wirtschaftskrise seit über 25 Jahren. Der Kunststoffrecycling-Dachverband PRE sieht die Kreislaufwirtschaft in akuter Gefahr. Und der Industrieverband für Kunststoffverpackungen konkretisiert die Situation auf jeden fünften Hersteller, der sich aktuell in akuter Existenznot befinde.

Die Diagnose wird keinen Akteur innerhalb der Industrie verwundern, angesichts der Tatsache, dass es sich zumeist um extrem energieintensive Unternehmen handelt. Die steigenden Strom- und Gaspreise können außerdem – besonders im Mittelstand – kaum kompensiert, geschweige denn an die Zwischenhändler oder Endverbraucher weitergegeben werden. In einem Punkt sind sich die Unternehmen einig: Ein „weiter so“ kann und wird es nicht geben.

Kunststoff-Experte: Matthias Ruff vom SKZ

Matthias Ruff, Leiter Vertrieb beim SKZ

Um einen Gesamtblick auf die Kunststoffbranche zu bekommen, haben wir uns mit Matthias Ruff vom „SKZ – Das Kunststoffzentrum“ zum Interview getroffen.

Er verantwortet nicht nur den Vertrieb des Branchen-Netzwerks, sondern ist gemeinsam mit seinem Kollegen auch die Stimme des SKZ-Podcasts „Kunststoff nachgefragt“. In seiner Tätigkeit erhält Matthias exklusive Einblicke in diverse Kunststoffbetriebe und kann somit einen beispiellosen Blick auf den Status Quo, sowie diverse Perspektiven und Zukunftsszenarien geben.

Matthias war unser Gast im Rahmen des LMZ Industry Talk. Dieser Blogbeitrag basiert auf den Lösungsansätzen aus dem Gespräch zwischen ihm und Torben Fangmann, Leiter Business Development bei LMZ. Das gesamte Gespräch können Sie sich HIER ansehen.

Wie gehen Kunststoffbetriebe mit der Krise um?

Matthias Ruff ist sich sicher: Die aktuelle Lage ist extrem schwierig für die Unternehmen. Nichts desto trotz müssen Maßnahmen zum Umgang mit der Situation in die Wege geleitet werden. Als ersten Schritt empfiehlt er eine individuelle Analyse des Status Quo der Fabrik. Unternehmen sollten mit offenen Augen und offenen Ohren durch den eigenen Betrieb gehen. Die richtige Einstellung von Maschinen kann beispielsweise ein guter Ansatzpunkt zur Analyse sein.

„Eine wichtige Frage für Produktionsverantwortliche: Laufen meine Maschinen am energetischen Optimum?“

Matthias Ruff

Die Aussage „mit offenen Ohren durch den Betrieb gehen“ darf übrigens wörtlich genommen werden. So berichtet Matthias Ruff von Produktionen, in denen diverse Leckagen in Druckluftleitungen identifiziert wurden. Unter normalen Bedingungen stört das kaum. Nun unter Krisenbedingungen berichten die Unternehmen in Extremfällen von jährlichen Einsparpotenzialen bis zu 15 Tsd. oder gar 20 Tsd. €.

Neben internen Analysen sind auch externe Energieaudits ein probates Mittel, um den eigenen Status Quo zu ermitteln und wertvolle Optimierungspotenziale zu identifizieren.

Digitalisierung als Hebel für Energieeffizienz

Macht die Krise digital? Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Krisenzustand als (unfreiwilliger) Katalysator für Digitalisierung dient. Matthias Ruff jedenfalls berichtet von digitalen Best Practices, an denen Kunststoffunternehmen sich orientieren können. So führen Unternehmen zur Effizienzsteigerung etwa ein digitales Maschinen- und/oder Peripherie-Monitoring ein.

„Digitales Maschinen-Monitoring ist gerade aktuell eine starke Maßnahme, um energieeffizient zu produzieren.“

Matthias Ruff

Praxisbeispiel:

Man nehme einen klassischen Spritzguss-Betrieb. Eine Produktionszelle in diesem Betrieb führt zum aktuellen Zeitpunkt keine aktive Produktion durch. Das Temperiergerät jedoch läuft trotzdem weiter und hält die entsprechenden Werkzeuge auf Temperatur. Eben dieses Temperiergerät verursacht in diesem Moment hohe Energiekosten.

Durch ein klares Monitoring lässt sich eindeutig ermitteln, wo Maschinen laufen, die keinen Wert, sondern lediglich Kosten erzeugen. Diese Informationen sind für die Unternehmen Gold wert, um Verschwendungen gezielt zu minimieren und den hohen Kosten entgegenzuwirken.

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Torben Fangmann von LMZ im Gespräch mit Matthias Ruff vom SKZ – Das Kunststoffzentrum.

Im LMZ Industry Talk haben wir uns intensiv mit Matthias Ruff unterhalten. Dabei wird nicht nur die Energiekrise thematisiert, sondern auch die Notwendigkeit von nachhaltigen Kunststofflösungen und der richtige Umgang mit dem vorherrschenden Fachkräftemangel in der Branche. Reinschauen lohnt sich.

Unser Fazit

Voraussichtlich wird uns die Energiekrise noch länger begleiten. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen an konkreten Wegen arbeiten, um mit der Situation umzugehen. Je energieintensiver der eigene Betrieb, umso akuter sind Maßnahmen gefordert. Schnelle Ergebnisse erzielen Sie vor allem auf der organisatorischen Ebene. Bedenken Sie, dass viele kleine Optimierungen im laufenden Betrieb in Summe eine große Wirkung haben. Als Unternehmen, welches eng mit der Kunststoffbranche verbunden ist, wünschen wir allen Betrieben viel Erfolg bei der Umsetzung der Maßnahmen.

An der Stelle bedanken wir uns herzlich bei unserem Gast Matthias Ruff für den Besuch und die Teilnahme am LMZ Industry Talk.

Weiterführende Links:

🔗 Das gesamte Gespräch mit Kunststoff-Experte Matthias Ruff im YouTube-Video.

🔗 Wie sieht sie aus, die Fabrik der Zukunft? Antworten gibt es im LMZ Industry Talk.

🔗 Digitalisierung der Fabrik: Umsetzung in der Praxis.

Dennis Lenkering (B.Sc.)
Maschinenbauingenieur und Geschäftsführer von LMZ Lenkering mit einer tiefen Leidenschaft für digitalisierte, intelligente und automatisierte Produktionsketten.
Torben Fangmann (B.A.)
B2B Marketing Stratege mit Inhaltsfokus auf industrielle Themen und branchenspezifische Entwicklungen rund um die Fabrik der Zukunft.